Unsere Session bei „Frauenpower in der IT“…
Bereits im September waren wir (Maret Karaca und Wiebke Dahl) zu Gast bei „Frauenpower in der IT“ –einer Community, die immer wieder spannende Events zu Themen rund um innovative Arbeitsweisen und IT anbietet. Für die September-Session hatten wir das Thema „Vernetzung – authentisch & wertschätzend mit Working Out Loud & Liberating Structures“ gewählt.
…unser Warum…
Wiebke hatte bereits im letzten Jahr zusammen mit Kathrin von q.beyond eine Session in der Community zu Working out Loud gegeben, um nach eigenen positiven Erfahrungen mehr Menschen von dieser Art des Netzwerkens zu begeistern. Da diese Session sehr großen Zuspruch erhielt, sollte sie ein weiteres Mal stattfinden, um noch mehr Menschen mit diesem tollen Netzwerk-Tool in Berührung zu bringen. Diesmal waren wir beide (Wiebke und Maret) mit von der Partie.
Bei der Vorbereitung der Session fiel uns dann auf, dass trotz der Struktur von Working Out Loud nicht zwingend alle Beteiligten mit einbezogen werden. Und so war die Idee geboren, Working Out Loud und Liberating Structures miteinander zu verbinden. Dazu an späterer Stelle mehr. Mit diesem Artikel wollen wir euch auf unsere Reise hin zu einem authentischen und wertschätzenden Networking mitnehmen und unsere Gedanken dazu mit euch teilen.
Ganz am Anfang haben wir uns die Frage gestellt, wieso das Thema eigentlich wichtig ist. Durch die Pandemie haben sich die Art unserer Vernetzung und somit auch die Möglichkeiten, sichtbar zu werden, stark verändert. Internes Netzwerken z.B. durch Meetings oder andere Remote-Formate fördert vor Allem extravertierte Herangehensweisen. Vielfach sind es noch Frauen, die Hemmungen haben, sich zu zeigen, sichtbar zu sein und in Meetings die Führung zu übernehmen. Deshalb wollten wir unser Wissen und Können in die Welt geben. Bei dem Workshop sollte es darum gehen, sowohl dem internen als auch dem externen Netzwerken Struktur zu geben und somit eine positive Entwicklung für alle zu fördern.

…und was wir gemacht haben
Zum Start des Workshops ging es erst einmal darum, in das Thema zu kommen und den Kontakt zwischen den Teilnehmenden herzustellen. Was eignet sich da besser als die Liberating Structure „Impromptu Networking“? Die Teilnehmenden tauschten sich in zwei Runden à 5 Minuten in verschiedenen Zweierkonstellationen zu ihren bisherigen Networking-Erlebnissen aus. Im Zentrum standen die beiden Fragen „Welche Erfahrungen hast du beim Netzwerken gemacht?“ und „Was war das Verrückteste, das du beim Netzwerken erlebt hast?“. Durch den Austausch mit verschiedenen Menschen zu den gleichen Fragen wurde die Reflexion über das Gesagte angeregt, Gedanken wurden weitergesponnen und geschärft. Was die Teilnehmenden bei der vorherigen Runde nicht erwähnt, aber im Austausch erfahren haben, gaben sie in der nächsten Runde weiter.
Nach dieser kurzen Einstiegs-Runde ging es dann ins Netzwerken. Natürlich war es dafür notwendig, dass wir uns alle kennenlernten – und das authentisch statt durch oberflächliches Networking-Blabla. Das Interessante beim Kennenlernen ist, dass wir mit anderen Personen mindestens eine Sache gemeinsam haben und dies zu echter Verbindung führt. Ganz in Vorbild-Manier sind wir also mit unseren eigenen „10 Fakten über mich“ gestartet und haben den Teilnehmenden einen kleinen Einblick in unser Leben gegeben. Danach ging es um die Teilnehmenden, die sich zu ihren „10 Fakten über mich“ mithilfe der Liberating Structure „Conversation Café“ austauschten – in kleinen Gruppen zu 4 Personen und mit einer Timebox von 6 Minuten. Dabei ging es um Fragen wie „Wer bin ich?“, „Was macht mich aus?“, „Was ist besonders oder verrückt oder besonders verrückt an mir?“. Wichtig für uns war hier die Verbindung von Liberating Structures (LS) und Working Out Loud (WOL), um die Redebeiträge innerhalb der Gruppen zu strukturieren.

Im letzten Schritt des Workshops ging es dann darum, ganz praktische Schritte zu planen. Mit der Verbindung der LS-Mikrostrukturen „15% Solution“ und „1-2-4-All“ sollten die Teilnehmenden zunächst in Zweier-Gruppen und dann in Vierer-Gruppen reflektieren, welche Informationen sie von sich in Zukunft wo und wann teilen möchten, um mehr Sichtbarkeit zu erzeugen.
Wenn ihr jetzt denkt: „Was für eine großartige Idee, ich möchte auch unbedingt etwas teilen… Aber wen interessiert es schon?“, dann taggt uns gerne unter einem interessantem Artikel, Video oder Beitrag, zum Beispiel auf LinkedIn. Voilá, schon habt ihr etwas geteilt!
Wofür LS & WOL?
Aber warum haben wir uns eigentlich dazu entschieden, ausgerechnet die beiden Themen „Liberating Structures“ und „Working Out Loud“ in dieser Session zusammenzubringen? Ganz einfach: Weil beides sehr gut dabei helfen kann, sichtbarer zu werden und authentische Netzwerke zu bilden. Doch damit ihr versteht, was dahintersteckt, bekommt ihr hier eine kleine Turbo-Einführung in die beiden Ansätze.
Liberating Structures
Irgendwann hatten Keith McCandless und Henri Lipmanowicz, die Begründer von Liberating Structures, es satt, in Meetings immer dasselbe zu erleben: Entweder spricht nur eine Person und alle anderen schlafen (= Präsentation), oder aber alle reden wild durcheinander (= unmoderierte Diskussion). Das sind die beiden Extrempole bei den sogenannten „Big Five“, den klassischen Interaktionsstrukturen, denen wir immer wieder begegnen (siehe Abbildung).

Was alle Big Five gemeinsam haben: Sie verhindern, dass alle Menschen sich aktiv einbringen können. Sie geben keinen Raum für Kreativität und echte Verbindungen. Sie fördern eher Wettbewerb als Zusammenarbeit. Und viele gute Ideen bleiben unausgesprochen. Wie ihr seht, genügend Gründe, um eine Alternative zu finden. Das taten Keith und Henri dann nämlich auch, indem sie sich unter anderem bei der Komplexitätstheorie bedienten. Aus einer Fülle von bereits erprobten Ansätzen kuratierten sie die hilfreichsten und entwickelten die Liberating Structures: 33 (inzwischen sogar mehr) Mikrostrukturen, die wir nutzen können, um unsere Interaktion wertschätzend und inklusiv zu gestalten. Alle Ideen werden einbezogen und damit sichtbar, denn nun sprechen eben nicht mehr nur die Lautesten. Sie sind eine sinnvolle Ergänzung zu den Big Five, die in bestimmten Konstellationen auch hilfreich und berechtigt sein können.
Working Out Loud
Mit Working Out Loud hat John Stepper, ebenso wie Keith und Henri, auf eine Situation reagiert, die er mehr als frustrierend fand. Er entwickelte dieses Peer-Coaching-Programm, als er beruflich in einer Sackgasse steckte und merkte, dass nur ein echtes Netzwerk einen wirklich auffangen kann. Die ersten Schritte hin zu einem solchen authentischen Netzwerk führen unweigerlich über die eigene Sichtbarkeit. Hierbei kann Working Out Loud helfen. In geschütztem Rahmen, dem sogenannten Circle, lernen die Teilnehmenden, auf konstruktive Weise sichtbar zu werden. Zuerst passiert dies im Circle selbst, was vor Allem auch nicht so extravertierten Menschen zugutekommt. Später erweitert man den Radius und damit auch auf ganz natürliche Weise sein Netzwerk. Im Zentrum steht dabei das echte Kennenlernen, z. B. durch das Teilen persönlicher Fakten. Damit legen alle den Grundstein für nachhaltiges und ehrliches Networking. Und wenn wir uns auf diese Weise kennengelernt haben, können wir auch viel besser zusammen- und auf Ziele hinarbeiten – nicht nur im Circle, sondern generell. Denn das, was wir bei WOL lernen, sind Fähigkeiten, die uns immer und überall helfen können. Egal, ob auf der Arbeit, im Ehrenamt oder privat. Wir lernen, was es heißt, ein echtes und diverses Team zu sein.

Empfehlungen & Ressourcen
Und wenn ihr jetzt Lust bekommen habt, fragt ihr euch bestimmt, wo und wie ihr starten könnt. Wir versorgen euch natürlich mit den nötigen Infos dazu!
Working Out Loud
Ihr wollt euch erst einmal informieren? Dann könnt ihr euch auf der offiziellen Website umsehen oder das Buch von John Stepper lesen. In diesem Artikel liefert Maret auch noch einmal eine kurze Zusammenfassung von Working Out Loud, und was das mit Agilität zu tun hat. Oder wollt ihr direkt loslegen? Dann meldet euch in der WOL Community an. Hier gibt es pro Jahr mehrere Kohorten, in denen ihr einen Circle durchlaufen könnt. Manche davon sind kostenpflichtig, und es gibt immer wieder spezielle Mottos wie „Frauenstärken“ oder „Nachhaltigkeit“. Wenn es euch nicht stört, eine ältere Version der Circle Guides zu nutzen, werdet ihr im WOL Wiki fündig und könnt selbst einen Circle starten.
Liberating Structures
Auch bei Liberating Structures könnt ihr euch erst einmal einlesen: Es gibt eine deutsche und eine englische Website, sowie mehrere Bücher. Zum Beispiel das Buch von Keith und Henri „The Surprising Power of Liberating Structures“, oder auch ganz aktuell das Buch „Liberating Structures. Entscheidungsfindung revolutionieren“ von unserem Kollegen Daniel Steinhöfer. Geschichten aus der Praxis zur Inspiration findet ihr im ebenfalls vor Kurzem erschienenen Buch von Anja Ebers und Birgit Nieschalk „Einfach. Zusammen: Arbeiten.“. Allerdings empfehlen wir euch, nicht nur darüber zu lesen, sondern direkt ins Tun zu kommen (Das Gleiche gilt übrigens auch für WOL)! Hierfür eignen sich als Einstieg die User Groups, in denen ihr viele tolle Menschen kennenlernen und LS in einem ungezwungenen Rahmen selbst ausprobieren könnt (internationale User Groups findet ihr hier). Wenn ihr dann tiefer einsteigen wollt, könnt ihr einen Blick auf unser Liberating-Structures-Programm „Vom Begeistern zum Meistern“ werfen: Hier bieten wir intensive Workshops für Einsteiger*innen und auch zu verschiedenen Themen wie „Entscheidungsfindung“ oder „Macht & Struktur“ an, in denen ihr jede Menge Hintergrundwissen und Erfahrungswissen unserer Kolleg*innen mitnehmen könnt. Und wenn ihr dann soweit seid und selbst einmal LS nutzen möchtet, könnt ihr als Unterstützung unsere Design Cards (in der Originalversion oder in der Extended Version mit neuen Structures und zusätzlichen Karten) nutzen, um euren Ablauf zu planen. Alternativ gibt es auch eine von uns entwickelte App, die ihr nutzen könnt.
Egal womit und wie ihr WOL und LS einsetzt: Wir wünschen euch viel Spaß beim Ausprobieren!
Ein paar Worte zum Schluss
Das war also unsere Reise für und mit euch zu den Themen „Working Out Loud“ und „Liberating Structures“. Wir hoffen, unser Erfahrungsbericht konnte euch inspirieren, und ihr konntet das Ein oder Andere für euch, euer Team und eure Organisation mitnehmen. Wenn es Menschen in eurem Umkreis gibt, bei denen ihr jetzt denkt: „Das wäre doch ein guter Impuls für sie oder ihn!“, dann gebt diesen Mehrwert gerne weiter und teilt den Artikel. Und teilt gern auch eure Geschichten: Welche Erfahrungen habt ihr beim Netzwerken gemacht? Und was war das Verrückteste, was ihr beim Netzwerken erlebt habt? Falls ihr auch schon Erfahrungen mit WOL und LS habt: Was hat sich für euch seitdem getan? Wir sind gespannt auf das, was ihr zu erzählen habt und freuen uns über eure Gedanken. Also kommentiert gern, oder schreibt uns eine persönliche Nachricht! Und über eine Vernetzung auf Social Media freuen wir uns natürlich ebenfalls – bestimmt finden sich einige Gemeinsamkeiten bei unseren Fakten. ;-)
Und zu guter Letzt möchten wir noch eine weitere Info mit euch teilen: Auch unsere Kolleg*innen teilen immer wieder ihr Wissen und geben spannende Impulse zu vielen verschiedenen Themen. Wenn ihr diese Infos nicht verpassen möchtet, dann abonniert gerne unseren Holisticon-Newsletter, der alle paar Monate kommt und ein bunter Mix aus unterschiedlichen Themen wie Agil, Software oder Security ist. In diesem Sinne wünschen wir euch eine schöne Lernreise!
Ressourcen-Sammlung
Working Out Loud
- Offizielle Website: https://www.workingoutloud.com/
- WOL Community mit unterschiedlichen Programmen (kostenpflichtig): https://community.workingoutloud.com/feed
- Circle Guides: https://wol.wiki/circle/guide/de
- WOL-Buch: z.B. bei Thalia
- Kurze Zusammenfassung: Was ist Working Out Loud? (In Zusammenhang mit Agilität) https://www.informatik-aktuell.de/management-und-recht/projektmanagement/working-out-loud-und-agil-mehr-als-nur-buzzwords.html
Liberating Structures
- User Groups Deutschland: https://liberatingstructures.de/community/
- User Groups international: https://www.liberatingstructures.com/user-group/
- Bücher (deutsch, englisch)
- Liberating-Structures-Workshops: https://liberatingstructures.de/workshops oder Inhouse
- Offizielle Website (deutsch): https://liberatingstructures.de/
- Offizielle Website (englisch): https://www.liberatingstructures.com/
- Liberating-Structures-Karten: Design Cards & Extended Edition
- Liberating-Structures-App (kostenfrei): https://liberatingstructures.app/