Einen Monat ist es jetzt schon her, dass Caroline Tobaben und Maret Karaca auf der ersten digitalen Seacon einen Workshop mit Liberating Structures zum Thema Remote-Arbeit angeboten haben. Der Titel: „Auf den Kopf gestellt: Neue Perspektiven auf Remote-Arbeit“. Wie versprochen kommt jetzt der ausführliche Blogartikel, in dem wir mit euch Erfahrungen, Learnings, Ideen und eben die neuen Perspektiven teilen wollen.
Doch was sind eigentlich Liberating Structures? Die kurze Antwort: Eine Sammlung von derzeit 33 Mikrostrukturen, die dazu beitragen, alle Menschen zu beteiligen und damit einen besseren Austausch und eine größere Vielfalt an Ideen zu ermöglichen. Sie können vielseitig und für alle möglichen Arten von Interaktionen eingesetzt werden, je nachdem, was ihr machen wollt.
Impromptu Networking für positive Vibes
Ihr seid nun bestimmt neugierig, welche Structures wir genutzt haben? Gestartet haben wir mit einem Impromptu Networking, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Breakout Rooms in wechselnden Pärchen über positive Erfahrungen aus der Remote-Arbeit gesprochen haben. Dadurch sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einen ersten Austausch gekommen und konnten positive Impulse zum Thema „Remote-Arbeit“ mitnehmen. Im Impromptu Networking werden die Gespräche nicht dokumentiert, sondern finden in der Regel auf der Tonspur statt. Falls hier jemand von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unseres Workshops mitliest: Teilt gern eure positiven Remote-Erfahrungen in den Kommentaren – und wir freuen uns auch über Kommentare und Erfahrungen von Leserinnen und Lesern, die nicht mit dabei waren!
Perspektivischer Kopfstand mit TRIZ
Nach dem Einstieg mit positiven Erfahrungen haben wir das Ganze dann einmal auf den Kopf gestellt und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einem TRIZ eine Liste anhand der folgenden Frage erstellen lassen: Was können wir tun, um Remote-Arbeit zu einem Desaster werden zu lassen? Dazu fällt wahrscheinlich den meisten von uns etwas ein. Auch unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern fiel es nicht schwer, sofort mit vielen Negativbeispielen aufzuwarten. TRIZ, dessen Name als Abkürzung für die im Original russische „Theorie des erfinderischen Problemlösens“ oder auch „Theorie zur Lösung erfinderischer Probleme“ steht, bietet damit einen schnellen und oft auch humorvollen Einstieg in Themen, über die wir vielleicht nicht immer offen sprechen wollen. Vielleicht auch, weil wir selbst einen Anteil daran tragen. Genau hier setzt auch der nächste Schritt bei TRIZ an: Nachdem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Liste mit allem gemacht haben, was sie tun KÖNNEN, sollen sie nun diese Liste durchgehen und sich schonungslos ehrlich fragen, was davon sie tatsächlich schon tun. Vom „Meeting-Marathon“ über „Multitasking“ bis hin zum „Muten-Vergessen“ war hier Einiges dabei, das viele von uns sicherlich auch gut kennen. Im nächsten Schritt haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann schließlich gemeinsam geschaut, was davon sie in Zukunft nicht mehr tun wollen, zum Beispiel endlose Meeting-Tiraden ohne Pause.
Raum für neue Ideen
Gleichzeitig entwickelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch weitere Ideen, wie sie Remote-Zusammenarbeit besser gestalten können. Das war zwar ursprünglich gar nicht in der Fragestellung vorgesehen, zeigt aber, wie TRIZ dazu beitragen kann, Ideen zu entwickeln und gemeinsam zu Lösungen zu kommen. Der erste Schritt kann sein, einfach etwas nicht mehr zu tun, weil es einfach nicht hilfreich ist, und dann wird der Raum frei für neue Ansätze. Hier zur Inspiration ein paar mögliche Ideen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Verbesserung von Remote-Zusammenarbeit:
- Pausen machen (Selbstfürsorge)
- den Laptop nutzen statt Handy
- konsequent muten
- die technische Ausstattung verbessern (Headset, Bildschirm)
- die Kamera anmachen
- Karten zur Kommunikation nutzen
Habt ihr weitere Ideen, womit ihr aufhören könnt und wollt, um Remote-Zusammenarbeit angenehmer zu gestalten? Dann teilt sie gerne in den Kommentaren!
Hilfreiche Gedankenanstöße dank Troika Consulting
Nach dem perspektivischen Kopfstand haben wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Schluss zu einem Troika Consulting eingeladen. Hier darf jeder mal Consultant sein: In Dreiergruppen teilt eine Person eine Herausforderung, bei der sie gerade Hilfe benötigt. In unserem Fall: Was ist deine Herausforderung beim Remote-Arbeiten, bei der du Unterstützung gebrauchen könntest? Die anderen beiden sind die Consultants. Sie hören aufmerksam zu und stellen Verständnisfragen. Dann macht der „Klient“ seine Kamera aus und schaltet sich stumm. In der analogen „Originalversion“ dreht der Klient sich mit dem Rücken zu den beiden Consultants. Jetzt haben die Consultants fünf Minuten, um gemeinsam im Dialog Ideen und Vorschläge zur Herausforderung des Klienten zu entwickeln. Nach den fünf Minuten schaltet der Klient Kamera und Mikro wieder ein und teilt, was er mitnimmt. Idealerweise rotieren alle in der Dreiergruppe einmal durch, sodass jeder einmal Klient und zweimal Consultant sein kann. In wenigen Minuten bekommt jeder sowohl neue Perspektiven auf seine Herausforderung und gleichzeitig auch interessante Lösungsansätze, über die er bisher noch nicht nachgedacht hat – oder wird bestätigt in seinen eigenen Ansätzen und kann so konsequent und bestärkt die Herausforderung annehmen. Durch das Stummschalten bzw. Umdrehen können die Consultants wiederum frei und ohne Einfluss durch die Reaktion des Klienten Ideen und Eindrücke austauschen, die zu möglichen Lösungen führen können. Das Troika Consulting findet, ebenso wie das Impromptu Networking, ohne Dokumentation statt, und die Teilnehmerinnen entscheiden, was sie teilen. Deshalb auch hier die Einladung: Wenn hier jemand mitliest, der bei unserer Session dabei war, seid ihr herzlich eingeladen, eure Herausforderung und die hilfreichsten Lösungsvorschläge in den Kommentaren zu teilen! Vielleicht habt ihr ja inzwischen einen der Lösungsvorschläge umgesetzt und wollt berichten, was dann passiert ist. Oder wenn ihr zwar nicht bei unserem Workshop dabei wart, aber selbst schon einmal Troika Consulting für eine ähnliche Fragestellung genutzt habt, könnt ihr hier gern eure hilfreichsten Ideen und Lösungsvorschläge teilen!
Nähe ist auch virtuell möglich!
Zum Schluss haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch geteilt, was sie aus dem Workshop mitnehmen. Ganz vorn dabei war die Erkenntnis, dass es vielen von uns ähnlich ergeht und wir nicht allein sind. Das schafft Nähe und erklärt auch die Beobachtung eines Teilnehmers, dass es tatsächlich möglich ist, „mit fremden Menschen übers Internet zu kommunizieren!“. Einig waren sich auch die meisten darin, dass Teamentwicklung in Zukunft „anders stattfinden“ wird. Wie, das wissen wir noch nicht, aber wir können zumindest selbst einen Beitrag leisten, indem wir passende Formate nutzen, die unsere Kommunikation und unsere Zusammenarbeit auch im Virtuellen unterstützen können. Liberating Structures können hier auf jeden Fall ein hilfreicher Baustein sein!
Wenn ihr mehr zu Liberating Structures und den Details der einzelnen Structures lesen möchtet, schaut gern auf der englischsprachigen oder der deutschsprachigen Website vorbei. Und wenn ihr Liberating Structures selbst ausprobieren und erleben möchtet, empfehlen wir euch die Usergroups, die es in vielen deutschen Städten schon gibt. Gerade jetzt habt ihr besonders viel Auswahl, weil die meisten Events online stattfinden. Wir wünschen euch auf jeden Fall viel Spaß beim Remote-Arbeiten, Erleben und Ausprobieren und freuen uns über den Austausch mit euch!
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da liegt halt auch viel am willen des einzelnen, inwieweit er sich auf die digitale welt einlassen will. aber machbar ist vieles!
Danke für deinen Kommentar! Ja, das stimmt, letztendlich funktioniert es nur, wenn wir uns darauf einlassen, und virtuelles Arbeiten allein ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Beide Arbeitsweisen (digital und analog) haben ihre Vor- und Nachteile, und es ist auf jeden Fall hilfreich, wenn wir aus beiden Welten das Beste für uns nutzen können. In der momentanen Situation haben wir nicht so ganz die Wahl zwischen digital und analog, und wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Und wie du sagt, es ist ja Vieles machbar.