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Antipattern-Kalender 2016 – Die Heimwerker

Das ist er also – unser Antipattern-Kalender 2016. Mit allerlei Merkwürdigkeiten und Originalität rund um Geschäftsprozesse und serviceorientierte Architekturen. Doch wo fängt das Dilemma eigentlich an? Vielleicht mit einem Phänomen, das gar nicht so selten vorkommt, wenn man mit Unternehmen zum ersten Mal über ihre Prozesse spricht. Da stellt der Gesprächspartner schon mal fest: „Wir haben gar keine Prozesse.“ Und dann wir so: „Aha! Und was machen Sie so den ganzen Tag? Wie bearbeiten Sie die Anliegen Ihrer Kunden? Und wodurch erwirtschaftet Ihr Unternehmen Gewinn?“Typischerweise folgt dann eine längere „Naja, vielleicht …“-Phase mit dem Ergebnis, dass da wohl doch etwas ist, was die Arbeitsabläufe regelt und möglicherweise sogar irgendwie dafür sorgt, dass man nicht den Überblick verliert oder dass aber genau der Überblick über die Abläufe und deren Ergebnisse fehlt.

Ursache(n)

Die Gründe für die Annahme, man habe keine Prozesse, können unterschiedlich sein. Entweder dem Unternehmen geht es gut, die tägliche Arbeit hat sich eingeschwungen und alles läuft, was das Geschäftsergebnis angeht, auch zufriedenstellend. Es besteht (zumindest vordergründig betrachtet) kein Bedarf, sich explizit mit den Abläufen auseinanderzusetzen. Oder man sieht Handlungsbedarf, hat aber nicht gezielt die Prozesse im Fokus bzw. weiß sich dem nicht zu nähern. Eine dritte mögliche Ursache ist, dass man das, was man tut bzw. wie man etwas tut, gar nicht für einen Prozess hält. Wir meinen an dieser Stelle mit „Prozess“ die zielgerichtete Ausführung einzelner Aktivitäten zur Verfolgung eines (Geschäfts-)Ziels. Das können manuelle Tätigkeiten oder maschinelle Arbeitsschritte sein. Es kann sich um eine standardisierte Abfolge oder variantenreiche, individuelle Abläufe handeln. Letztlich geht es aber immer um die Verfolgung und Erreichung eines geschäftlichen Ziels.

Abhilfe

Prozesse sind also überall. Ohne Prozesse und deren Ausführung gäbe es Stillstand – sie sind der Motor jeder Wertschöpfung im Unternehmen. Prozessdefinitionen beschreiben über Ablaufregeln und -prinzipien den Rahmen der Ausführung und sorgen so für Nachvollziehbarkeit und reproduzierbare (Service-)Qualität. Woran es fehlt, ist vielmehr der zielgerichtete Umgang mit den Abläufen – Prozessorientierung. Diese rückt den Prozess in den Fokus der Betrachtung. Es geht darum, sich der wertschöpfenden und unterstützenden Prozesse im Unternehmen bewusst zu werden und sie mit entsprechendem Know-how auszustatten. Mehr noch: Prozesse sind nicht starr. Sie unterliegen einer hohen Dynamik. Neue Geschäftsmodelle und externe Einflüsse wie gesetzliche Änderungen oder sich änderndes Kundenverhalten halten die Prozesse ganz schön auf Trab. Anpassungen und Optimierungen gehören genauso zum Tagesgeschäft wie das Controlling und Management der Geschäftsprozesse inklusive der beteiligten Organisationseinheiten und Akteure.

Auf der Habenseite

Wenn wir es gut machen, können wir aus dem zielgerichteten Umgang mit den Geschäftsprozessen einiges rausholen. Durch engmaschiges Controlling und Monitoring haben wir einen aktuellen Blick auf die Servicequalität und fristgerechte Bearbeitung von Kundenwünschen, und wir können rechtzeitig oder sogar proaktiv Maßnahmen ergreifen, um Engpässe zu vermeiden. Mittels Reporting können wir generelle Schwachstellen identifizieren und zielgerichtete Prozessoptimierungen einleiten. Im Zusammenspiel mit der technischen Umsetzung von Geschäftsprozessen auf Basis einer Process Engine lassen sich so einige Potenziale heben. Hier nur einige Beispiele:

  • Unnötige Liegezeiten können vermieden werden, indem die Zusammenarbeit mehrerer Akteure und die Verteilung der anfallenden Aufgaben durch eine Process Engine realisiert werden.
  • Überflüssige Weiterleitungen von Aufgaben lassen sich mittels Workload Management und skill-based routing vermeiden, indem direkt geeignete Bearbeiter ermittelt werden. Das reduziert die Gesamtlaufzeit bzw. fördert korrekte Ergebnisse und damit die Servicequalität gegenüber dem Kunden. Eine attraktive Zusammenstellung der Aufgaben für den einzelnen Mitarbeiter steigert zusätzlich die Motivation.
  • Prozesskosten können für immer wiederkehrende Prozessteile und Routinetätigkeiten durch Automation deutlich reduziert werden.

Die Mission

Profitieren tun diejenigen Unternehmen, die sich der Relevanz ihrer Geschäftsprozesse bewusst sind und diese in den Fokus ihrer Betrachtungen rücken. Mit den heute am Markt verfügbaren Tools und gängigen (bitte agilen) Methoden ist Prozessorientierung und Prozessautomatisierung längst keine Zukunftsmusik mehr. Aber beide sind noch kein Garant für den Erfolg. Können und Erfahrung sind im Umgang mit Prozessen gefragt: fachlich, technologisch und organisatorisch.

In den kommenden zwölf Monaten beleuchten wir einige gängige, mehr oder weniger skurrile „DON‘Ts“ im Umgang mit Geschäftsprozessen und liefern die entsprechenden „DOs“ dazu.

Wir wünschen viel Spaß und freuen uns auf reges Feedback.

PS: Ein paar „Neins“ in eigener Sache

Nein – wir wollen Menschen nicht durch Maschinen ersetzen. Die immer komplexer und dynamischer werdenden Geschäftsmodelle und Kundenbeziehungen erfordern mehr denn je Könner und Experten. Uns geht es darum, eine Aktivität zur richtigen Zeit durch den richtigen Mitarbeiter auszuführen. Automation bietet sich für wiederkehrende, unattraktive Routineaufgaben an.

Nein – wir wollen Menschen nicht zu Arbeiterhumanoiden machen. Langweilige, monotone, unattraktive Aufgaben töten Motivation und Engagement. Vielmehr geht es genau um das Gegenteil: die optimale Unterstützung und Einbindung der Talente und Könner im Unternehmen in die Prozesse.

Nein – wir glauben nicht daran, dass jeder Geschäftsvorfall im engen Korsett eines stark strukturierten standardisierten Prozesses bearbeitet werden kann. Wir glauben an ein Prozessdesign, das standardisierte Anteile mit individuell ausgeführten Anteilen integriert.

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Über den Autor

Roman ist einer der beiden Vorturner im Bereich BPM/SOA und daneben noch begeisterter Audi V8 Fahrer, Ente V8 Esser und Vater einer kleinen Tochter...

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