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Supply Changes: Bitte nur ein Ding! (IoT-Blogserie, Episode 3)

In Episode 2 war zu lesen, warum einige Firmen aus dem produzierenden Gewerbe sich warm anziehen sollten. Der zunehmende Do-It-Yourself-Trend paart sich mit Crowdsourcing und Crowdfunding und gestattet uns, dass wir mit der Intelligenz und dem Kapitel vieler Menschen diejenigen Dinge, die wir wirklich wollen, zunehmend selbst anfertigen können.

iPhone-Hüllen

Ein weiterer Megatrend verschärft die Situation: die Individualisierung.

Wir leben heute im globalen Käfig der Unbedeutsamkeit. Und uns dürstet danach, unverwechselbar und einzigartig zu sein. Überall entdecken wir um uns herum die Möglichkeit, den Produkten, die wir lieben, einen individuellen Touch anzuheften.

Das fängt im einfachsten Fall an mit Farbspielen und reicht bis zu völligen neuen (aber nicht immer originellen) Dienstleistungen.

Schon längst ist der Präfix My zum Muss geworden: Mein Hamburg, Mein simyo, Mein Deal, Mein Irgendwas. Wer eRossmanns braucht, kann auch bei Mein Design von Rossmann seine Duschgel individuell etikettieren lassen oder bei My Parfum sein eigenes Parfüm erschaffen.

Wer heute My nicht bieten kann, ist old-school.

Mit dem DIY-Trend und der Möglichkeit, Dinge selbst produzieren zu können (beispielsweise durch den 3D-Druck), krempelt sich der Bedarf um. Verstehen Sie? Wir werden unabhängiger und können die Fußfesseln von den Produkten lösen, die uns aufgetischt werden. Das zwingt den Produktionssektor, sich anzupassen.

Bisher waren die hohen Rüstkosten für Produktionsstrecken nur durch hohe Stückzahlen zu kompensieren. Das erfordert Platz, Werkzeuge, viel Rohmaterial, Geld und Fachwissen. Daher konnten das bisher nur große Unternehmen vollbringen. Genau das könnte sich durch Crowdsourcing und -funding in Kombination mit DIY schleichend wandeln.

Die Machtverhältnisse beginnen sich zu verschieben. Darin besteht die eigentliche Revolution. Durch die gleichzeitige Zunahme der Individualisierung werden Sonderanfertigungen zukünftig nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein. Es wird derjenige die Nase vorne haben, der seinen Produktionsprozess flexibel gestalten kann. Und diese Flexibilisierung ist enorm wichtig, um die Fertigung in einem Hochlohnland wie Deutschland überhaupt zu verteidigen.

Das Ziel der Zukunft ist nicht mehr die Massenproduktion, sondern die Produktion rechnet sich idealerweise bereits mit genau einem Stück (batch-size-one). Und das wiederum gebietet hoch-adaptive und automatische Prozesse.

Roboter

Chris Anderson bringt in seinem Buch Makers noch einen weiteren Punkt auf den Tisch: Die bisherige Effizienz in der Produktion erfolgte nämlich nicht nur durch die Herstellung großer Stückzahlen, sondern gleichzeitig auch durch die Spezialisierung einzelner Arbeitsschritte. Ein Werkzeug an einer konventionellen Produktionsstraße ist heute ausgelegt für genau eine Verrichtungsart. Man baut komplexe Produkte aus Modulen auf, und viele Module kauft man von dafür spezialisierten Zulieferern. Der Haken dabei: Bei heutiger Just-in-time-Produktion bringt diese Abhängigkeit von Zulieferern einen Produzenten dann in Schwulitäten, sobald der Zulieferer Engpässe hat. Lagerhaltung ist aus Kostengründen ja kaum drin.

Eine höhere Flexibilisierung von Produktionsprozessen begünstigt nun programmierbare, multifunktionale Werkzeuge, die je nach individuellem Fertigungsstück immer andere Verrichtungsarten vollführen. Ein modernes Werkzeug kann schneiden, formen, malen, tragen usw., je nachdem wie es für das eine individuelle Werkstück gerade programmiert wurde.

Diese neue Werkzeuggeneration zusammen mit der Möglichkeit der digitalen Produktion, die ja nicht nur dem Privathaushalt gegeben ist, dürfte auch in Frage stellen, an welchen Stellen im Produktionsprozess ein Hersteller überhaupt noch auf Zulieferer angewiesen sein möchte. Das könnte die Zulieferketten dramatisch verändern.

Jetzt stellen Sie sich noch vor, dass jedes Werkstück einen Chip besitzt, in dem alle Anforderungen an seine Fertigung enthalten sind und der als digitales Produktionsgedächtnis auch alle Bearbeitungsschritte aufzeichnet. Nicht mehr die Maschine weiß, was passieren soll, sondern das Werkstück. Und das Werkstück ist selbstverständlich über das Internet erreichbar.

Herzlich Willkommen in der Industrie 4.0!

Die Zukunft wird also smart. Das wirft neue Fragen auf. Welche? Das lesen sie in der nächsten Episode.

 

 

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