Was meinen wir, wenn wir in diesem Zusammenhang von KISS sprechen (u.a. Keep it smart and simple)? Jedes Projekt, jeder in der Branche tätige Mensch behauptet gern von sich, nach diesem Prinzip zu arbeiten. Ob diese Behauptung tatsächlich der Wahrheit entspricht, ist oft eine Frage des Selbstbildes und der individuellen Interpretation von KISS.
Im Architektur-Kontext bedeutet KISS, dass wir uns konsequent für die einfachste Lösung entscheiden. Das ist diejenige mit dem geringsten Erklärungsaufwand innerhalb des Projekts. Wie beim Prinzip von Ockhams Rasiermesser sagen wir, dass die einfachste Lösung allen anderen vorzuziehen ist. Ein berühmtes Zitat von Ward Cunningham, einem der Pioniere der Entwurfsmuster, ist die Frage, „What’s the simplest thing that could possibly work?“. Diese Frage soll auch unser Handeln bestimmen.
Wir sagen, eine Architektur, die ich in 10 Minuten erklären kann, ist besser als eine, für die ich 20 Minuten brauche.
Wir wenden das Artefakt des Storytellings, das aus agilen Vorgehensmodellen wie z.B. Scrum bekannt ist, auch auf die Anwendungsarchitektur an. Der Architekt diskutiert seinen Entwurf mit dem Team. Er muss seine Idee dem Team bestmöglich verkaufen. Erst, wenn alle Beteiligten die Entwurfs-Entscheidungen verstanden und akzeptiert haben, machen wir uns an die Umsetzung.
Das Ziel ist, gemeinsam zu einer besseren Lösung zu finden und Akzeptanz bei den Menschen zu schaffen, die tagtäglich an der Architektur arbeiten müssen, nämlich beim Team.
Dabei berücksichtigen wir bei der Konzeptionierung nur aktuell bestehende Anforderungen, denn erfahrungsgemäß sind Architekten und Entwickler schlecht darin, Hellseherei für zukünftige funktionale Anforderungen zu betreiben.
Einfache Strukturen lassen sich leichter verändern als komplizierte Strukturen.
Wir beschränken uns also auf die Erkenntnis, dass wir heute lieber eine einfache Lösung haben wollen, damit wir sie morgen besser an neue Anforderungen anpassen können.