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BPM/SOAgil auf der SEACON 2012

Am 04. Juni präsentierten die Kollegen Jo Ehm und Jan Galinski, unterstützt durch einen Projektbericht von Claudia Cordes, das holistische agile Vorgehensmodell für BPM/SOA-Projekte unter der Überschrift „BPM/SOAgil“ dem Publikum auf der SEACON in Hamburg.

Der Vortrag adressiert den scheinbaren Widerspruch zwischen agilen Methoden (konkret: Scrum mit User Stories) und BPM/SOA-Projekten und stellt Methoden und Werkzeuge vor, die helfen, diesen aufzulösen. Dabei stellt sich heraus, dass Agilität und BPM/SOA keineswegs gegensätzliche Konzepte sind, sondern sich im Gegenteil sehr gut kombinieren lassen. Die konsequente Einhaltung agiler Methodik bereits während der Modellierung der Prozesse und Architekturen kann die Erfolgsaussichten gerade mittlerer und großer Projekte massiv verbessern helfen.

Stärker als klassische Entwicklungsprojekte sind BPM-Projekte einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess unterworfen. Geschäftsprozesse werden modelliert, implementiert und dann kontinuierlich gemonitort und optimiert. Es liegt daher nahe, ein Projektvorgehen zu verwenden, das diesen Verbesserungsprozess durch iterative Arbeitsweise und konsequentes Feedback unterstützt.

Als Fazit gaben die Vortragenden eine Reihe von Werkzeugen und Good Practices an die Hand:

  • Versetzte Sprints: Das Problem des „Modellierungswasserfalls“, bei dem die Geschäftsprozesse „klassisch“ modelliert und dann erst zur Implementierung an ein agil agierendes Entwicklerteam übergeben werden, kann durch versetzte Sprints eines Modellierungs- und eines Entwicklungsteams gelöst werden. Dabei wandert dieselbe fachliche User Story nach Bearbeitung und Review durch das Modellierungsteam in das Sprint-Backlog des Entwicklerteams. Dabei werden in der Regel beide Teams trotz derselben Story unterschiedliche Akzeptanzkriterien wählen und den Aufwand unterschiedlich schätzen. Wichtig dabei ist, dass beide Teams denselben Product Owner haben.
  • Bei der Gestaltung der zu bearbeitenden User Stories muss der PO besondere Sorgfalt walten lassen. Technische Stories oder Orientierung an konkreten Features der Software sollten dringend vermieden werden. Stattdessen wird die konsequente Verwendung von fachlichen Features forciert. Besonderes Augenmerk bekommt dabei die Identifikation des richtigen Users, da dieser im Bereich Prozessautomatisierung bzw. Serviceorientierung häufig nicht offensichtlich ist.
  • Die User Stories können horizontal entlang der Schichten der Architektur oder vertikal entlang der Aktivitäten der Geschäftsprozesse ausgestaltet werden. Es lohnt sich, sich mit den Vor- und Nachteilen beider Arbeitsweisen zu beschäftigen und für die jeweilige Projektphase den richtigen Schnitt zu wählen. In der Regel ist ein vertikaler Schnitt zu empfehlen, da dieser schneller zu einem lauffähigen Gesamtsystem führt und somit den Aspekt der potentially shippable Products besser umsetzt, was sich insbesondere in den Reviews bemerkbar macht.
  • Um bei dem gemeinsamen Backlog der beiden Teams nicht den Überblick zu verlieren (Stichwort: „Big Picture“) und die hierarchischen sowie zeitlichen Beziehungen der Stories untereinander zu dokumentieren, wird der Einsatz von Story Maps empfohlen. In BPM/SOA-Projekten bietet sich dafür an, die Stories direkt am Prozessmodell aufzuhängen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese plastische Darstellung analog zum physischen Taskboard eine hervorragende Basis für ein gemeinsames Verständnis aller Projektbeteiligten bildet. Gerade Veränderungen lassen sich bei Verwendung von (BPM-)Story Maps besser kommunizieren und erfassen als beispielsweise bei Einsatz computergestützter Werkzeuge.
  • Zu guter Letzt stellt der Vortrag einige Ansätze zur Skalierung dieses Modells vor, mit dem das Vorgehen auch für kleine Projekte adaptiert werden kann.

Die Veranstaltung war erfreulich gut besucht, und trotz des Slots direkt vor der Mittagspause entwickelte sich während des Vortrags und im Anschluss eine lebhafte Diskussion, die teilweise weit über den Scope der Präsentation hinaus in die Bereiche SOA-Governance und Business/IT-Alignment hinreichte. Sie bewies so erneut, dass ganzheitliche Vorgehensmodelle, die agile Methoden auch in diese Bereiche hineintragen, ein hohes Potential haben.

Wir Autoren bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmern für das Interesse, die Anregungen und das positive Feedback.

Wer den Vortrag verpasst hat und jetzt neugierig geworden ist, kann sich den Foliensatz hier herunterladen. Natürlich stehen wir für weitere Fragen und Diskussionen gern zur Verfügung.

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Über den Autor

Jan Galinski ist Senior Consultant bei der Holisticon AG und seit vielen Jahren als Architekt und Entwickler in agilen Kundenprojekten unterwegs. Er ist ein leidenschaftlicher Prozessautomatisierer und BPM-Craftsman, am liebsten mit Camunda BPM. Als Contributor zu zahlreichen Open Source Projekten aus den Bereichen BPM und JEE gibt er seine Erfahrung und Wissen gerne weiter. 2016 wurde er mit dem Camunda Community Award ausgezeichnet.

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