Am 1. Januar 2012 trat die neue Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ.2012) in Kraft. Diese wurde über die vergangenen Jahre von einer Arbeitsgruppe – bestehend aus Bundesgesundheitsministerium, Bundeszahnärztekammer und Verband der privaten Krankenversicherung – als Vorschlag für eine Reform erarbeitet und vom Bundesrat am 4. November 2011 verabschiedet.
In den vergangenen Monaten ist es uns gelungen, zusammen mit unserem Kunden HanseMerkur Krankenversicherung beachtliche und vor allem messbare Erfolge im Bereich der Automatisierung der Leistungsabrechnung zu erzielen. Nun musste sich der erstellte Prozess Einflüssen von außen stellen und seine durch den Ansatz BPM/SOA beworbene Flexibilität unter Beweis stellen.
Inhalte und Anwendung der GOZ.2012
In der GOZ sind – etwas vereinfacht ausgedrückt – die zahnärztlichen Behandlungen und deren abrechenbare Kosten beschrieben. Die einzelnen Behandlungen werden dabei textuell, aber auch durch einen Schlüssel, die Gebührenordnungsziffer, beschrieben bzw. können darüber identifiziert werden. Um die durchgeführten Behandlungen für eine eingereichte Zahnarztrechnung zu bewerten und daraus den Erstattungsbetrag zu errechnen, bedient sich ein Versicherungsunternehmen eben jener Gebührenordnungsziffern und gleicht darüber die Inhalte der Rechnung mit den versicherten Leistungen ab.
Die GOZ.2012 löst ihren etwa 25 Jahre alten Vorgänger, die GOZ.1988 ab. Ein Beweggrund für die Reform waren über diesen Zeitraum entstandene Behandlungsmethoden, die nun durch die Etablierung von neuen Gebührenordnungsziffern expliziten Einzug in die Gebührenordnung gehalten haben. In der Vergangenheit wurden diese Behandlungen in der Regel unter Zuhilfenahme sogenannter Analogziffern berechnet. Diese haben allerdings einen direkten Rückschluss auf die tatsächlich durchgeführte Behandlung und damit die Errechnung des Erstattungsbetrags erschwert.
Auswirkungen der Reform auf die Versicherungsunternehmen
Der Gesamtablauf des Prozesses vom Input Management über die verschiedenen Leistungsprüfungen und die Regulierung bis zur Erstellung des ausgehenden Druckstücks und der Zahlungsanweisung wird an diversen Stellen von der Einführung der GOZ.2012 betroffen. Diese gilt es in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen, um einerseits einen zielgerichteten, reibungslosen internen Ablauf zu gewährleisten und andererseits dem Kunden gegenüber weiterhin eine kurze Bearbeitungszeit und vor allem korrekte, nachvollziehbare Abrechnungen gewährleisten zu können.
Von der Verabschiedung durch den Bundesrat bis zum Inkrafttreten der GOZ.2012 lagen nur zwei Monate, so dass auch schon in den ersten Monaten des Jahres 2012 mit Einreichungen, die nach der GOZ.2012 abgerechnet wurden, zu rechnen war. Es war also Eile geboten, die allerdings keinesfalls zu Lasten der Qualität des bestehenden Prozesses gehen durfte – weder für den Kunden, noch für die HanseMerkur.
Und damit nicht genug – eine zusätzliche Herausforderung bestand darin, im gleichen Zuge das Expertensystem ZABAS in die vormals eigenentwickelte Prüfstrecke für Zahnarztrechnungen einzubetten.
Prozessorientierung und automatisierte Abnahmetests machen das Leben leichter
Die Einphasung der GOZ.2012 beginnt bereits im Input Management. Die Regelwerke zur automatischen Erkennung der Belegdaten und zu den manuellen Nachkorrekturstellen mussten entsprechend um die geänderten Gebührenordnungsziffern ergänzt bzw. angepasst werden.
Im Fachprozess selbst bestand die Herausforderung darin, die Belege nun so durch den Prozess zu leiten, dass sie durch das Expertensystem ZABAS GOZ geprüft werden. Während die Zusteuerung durch lokale Eingriffe in entsprechende, bereits existierende Steuertabellen realisiert werden konnte, stellten der Aufbau und die Anpassung des Regelwerks zur Prüfung der Belege in ZABAS die größere und komplexere Aufgabe dar.
Weitere essentielle Anpassungen gab es sowohl im Bereich der Ermittlung geeigneter Sachbearbeiter für die manuelle Bearbeitung als auch hinsichtlich der Dialoge und weiterer unternehmensspezifischer Schlüssel- bzw. Regelsysteme.
Bei Anforderungen mit den oben geschilderten Ausmaßen gilt es zunächst, die betroffenen Stellen im Prozess und die notwendigen Maßnahmen zu identifizieren. Ein prozess- und serviceorientierter Ansatz und eine durch Modelle gestützte End-to-End-Betrachtung des Gesamtprozesses machen einem das Leben an dieser Stelle erheblich leichter und helfen dabei, Konsens über die Vision zu erreichen, um schnell mit der Feinkonzeption und der Umsetzung beginnen zu können.
So auch in unserem Fall. Dennoch ist dieser Ansatz keine Garantie für fehlerfreie Konzepte und Software oder für eine reibungslose Integration von Fremdsystemen in die eigene IT- und Prozesslandschaft. Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass wir vor Inbetriebnahme mit Fehlern und den allseits ungeliebten Integrationsschwierigkeiten an der Schnittstelle zum Fremdsystem zu kämpfen hatten. Glücklicherweise haben wir schon in der Vergangenheit in den konsequenten Einsatz von automatisierten Modul- und Abnahmetests auf Basis des FIT-Frameworks investiert, so dass wir in der Lage waren, die Fehler zeitnah zu identifizieren und zu beheben.
Bemerkenswert war meiner Meinung nach der Umgang mit den Problemen und miteinander in der „heißen Phase“ vor der Produktivsetzung. Trotz einiger Widrigkeiten wurde nicht in operative Hektik verfallen. Sowohl das Team – Fachbereich und IT – als auch das Management haben durch ihre besonnene Art und das respektvolle, kollegiale Miteinander den konstruktiven, lösungsorientierten Umgang mit dieser Situation ermöglicht.
Fazit
Die Umstellung auf die GOZ.2012 hat zwar etwas länger gedauert als erhofft, aber alles in allem hat sie weniger Zeit in Anspruch genommen, als manche Prognosen und der marktübliche Schnitt erahnen ließen. Ob dies auch ohne Prozess- und Serviceorientierung sowie automatisierte Tests gegangen wäre? Sicher nicht. Und das gesamte Team, Fachbereich, IT, Interne wie Externe, ist froh, es nicht probiert haben zu müssen.